Das Leben lässt sich symbolisch mit einem Fluss vergleichen. Wie der Fluss aus der Quelle entspringt und im Meer mündet, ist ein Menschenleben eingespannt zwischen Geburt und Tod.
Solange wir uns im Fluss des Lebens bewegen, fühlen wir uns lebendig.
Wenn dieser Lebensfluss ins Stocken gerät oder gar gestaut wird, die Lebensenergie nicht mehr fließt, bilden sich Krankheiten. C. G. Jung hat diesen „Stillstand des Lebens“ Neurose genannt.
Die Stauungen der Lebensenergie können sowohl psychischer als auch physischer Natur sein. Um eine psycho-somatische Diagnose zu erheben, sollten zuvor alle medizinischen Abklärungen erfolgen, dass keine medizinisch nachweisbaren Erkrankungen vorliegen bzw. übersehen werden. Erst dann sollte bei unerklärlichen physischen Problemen die psychische Komponente mit berücksichtigt werden.
Mit Hilfe der Psychotherapie kann die Stauung der Lebensenergie aufgesucht und in ihrer Bedeutung verstanden werden. Ziel der Psychotherapie ist es, die Lebensenergie wieder ins fließen zu bringen, das Leben wieder lebenswert zu erfahren.
So leidvoll Krisen auch sind, bleibt es wichtig, deren tiefgründigen Sinn zu ergründen. Sie sind keine Schikanen des Schicksals sondern aus dem Unbewussten kommende Blockaden, um inne zu halten und dem Sinn der Krise auf die Spur zu kommen.
Lebenskrisen stellen eine enorme Belastung in der Lebensbewältigung dar. Die psychotherapeutischen Gespräche bieten Zeit und Raum, die mit der Krise verbundenen Gefühle anzusprechen und sie zuzulassen.
Es gibt verschiedene Methoden, den psychotherapeutischen Prozess spürbarer und anschaulicher zu machen.
Neben dem psychotherapeutischen Gespräch möchte ich das therapeutische Sandspiel in die Therapie einbeziehen. Beim therapeutischen Sandspiel gestaltet die Patientin bzw. der Patient die eigene Befindlichkeit mit Hilfe von zur Verfügung gestellten Figuren und Symbolen in einen Sandkasten. So kann anschaulich werden, was an inneren Bildern die Seele belastet und manchmal gar nicht in verständliche Worte gefasst werden kann.
Konflikte haben meist auch einen Beziehungsanteil. Dieser kann in der aus dem Psychodrama kommenden szenischen Darstellung anschaulich in den Raum gestellt werden. Diese szenische Darstellung ermöglicht es auch, sich in die andere Seite hinein zu versetzen und zu erkennen, ob wir möglicherweise eigene Anteile auf andere übertragen und im anderen etwas kritisieren, was wir in uns als eigenen Anteil bearbeiten sollten.
Körper und Seele verstehe ich als kommunikative Einheit. Seelische Befindlichkeiten bedürfen des Körpers, um ausgedrückt und verstanden zu werden. Umgekehrt könnten körperliche Haltungen Zugang zu seelischen Befindlichkeiten bahnen. Deswegen kann es in der Psychotherapie auch hilfreich sein, die Sprache des Körpers aufzugreifen, um die vermeintlich sprachlose Seele zu verstehen.
Die Dynamik des Lebens vollzieht sich im beständigen Wandlungsprozess von Vergehen (Loslassen) und Werden (Gestalten). Um Krisen zu bewältigen geht es stets darum, welche Einstellungen sollten hinterfragt und gegebenenfalls aufgegeben werden, und welche bislang ungenutzten Potentiale können zur Lebensgestaltung hinzugezogen und genutzt werden.
Alles Leben ist Wandlung. Das einzige, was sich nicht wandelt, sagt die chinesische Philosophie, ist die Wandlung.
Im zweiten Teil seiner Sonette an Orpheus drückt Rainer Maria Rilke auf seine eindrucksvolle Weise diesen Wandlungsprozess aus.